Die Historie eines aussergewöhnlichen Unihockeyvereins
Teil 1: Die Aufstiege
Die Geschichte des Unihockeyvereins aus Bülach könnte genauso beginnen wie diejenige der unbeugsamen Gallier, die sich in den Asterix-Comics um 50 vor Christus der römischen Besetzungsmacht widersetzten und für ihre Werte einstanden. Doch fangen wir von vorne an, und das heisst, in der altehrwürdigen Kantonsschule Zürcher Unterland in Bülach. Im Jahr 1990 führt der Turnlehrer Sepp Spirig einen Schulsportkurs in der aufstrebenden Sportart Unihockey durch. Ein paar Neugierige nehmen daran teil – und sind derart begeistert, dass sie am 13. März 1990 unter der Federführung des späteren Ehrenmitglieds Daniel Züger gleich einen Verein gründen: Der Grundstein zum UHC Kanti Bülach ist gelegt. Gestartet wird in der 3. Liga Kleinfeld. Jedoch sind sich die Spieler nicht einig, wie gross die sportlichen Ambitionen sein sollen, weshalb in den ersten drei Saisons der Aufstieg jeweils knapp verpasst wird. Erst als die eigene Junioren-Mannschaft von Sieg zu Sieg eilt und dann als zweite Mannschaft souverän den Aufstieg von der 4. Liga in die 3. Liga schafft, wird das Leistungsprinzip eingeführt.
Der Druck auf die neu formierte erste Mannschaft ist von Beginn weg beträchtlich, denn nur in den oberen Ligen wird auf dem attraktiven Grossfeld gespielt, weshalb einige Spieler mit einem Wechsel liebäugeln und das fragile Konstrukt des Vereins so immer wieder auf die Probe gestellt wird. Was jedoch folgt, sind heroische Schlachten, spannende Derbies und Spiele auf Messersschneide, die über Aufstieg oder Nicht-Aufstieg entscheiden. Dank unbestrittenem sportlichen Talent, unglaublich grossem Durchhaltewillen und einer ureigenen, quasi gallischen Winnermentalität schafft es die Mannschaft in Rekordzeit, von der 3. via der 2. in die 1. Liga Kleinfeld aufzusteigen und sich anschliessend in der Saison 1996/1997 gleich noch für die 1. Liga Grossfeld zu qualifizieren.
Zeit zum Durchschnaufen bleibt indes nicht. Denn genau im Moment des sportlichen Durchbruchs will sich ein benachbarter Club unseren Verein mittels Annexion einverleiben. Um weiterhin eigenständig zu bleiben und die erfolgreichen Eigenschaften wie Kampfgeist und Glaube an sich selbst zu erhalten, wird eine Marketingkommission ins Leben gerufen. Sie gewinnt in überzeugender Manier mehrere grosse Sponsoren und stellt so das finanzielle Überleben des Vereins über die nächsten Jahre sicher. Einmal mehr obsiegt der starke und unbeugsame Charakter, der auch vor noch so viel ehrenamtlicher Arbeit nicht zurückschreckt.
Teil 2: Die Blütezeit
Wir schreiben das Jahr 1997. Inzwischen tragen diverse Damen- und Juniorinnen-Teams die Farben des Bülacher Unihockeyvereins. Dank des Sturmlaufs der 1. Mannschaft in die oberen Ligen ist auch die Zukunft der eigenen Junioren gewährleistet, die zu diesem Zeitpunkt erstmals ein Elite-Junioren-Team auf dem Grossfeld stellen. Diese tolle Konstellation zeitigt sofort Erfolg: Aufgrund einer hervorragenden Mischung zwischen ehemaligen, eigenen Junioren und routinierten Spielern schafft die 1. Mannschaft in der Saison 1998/1999 das vor wenigen Jahren noch schier unmöglich Scheinende – den Aufstieg in die Nationalliga B! Die Playoff-Spiele gegen St. Silvester sind an Dramatik kaum zu überbieten. Und als es dann gegen Winterthur United um alles oder nichts geht, behält das Bülacher Ensemble die Nerven und realisiert die verdiente Promotion. Ein wichtiger Spieler ist der der eigenen Juniorenabteilung entstammende Michael Zürcher, der in der folgenden Dekade dem Schweizer Unihockeysport mit seiner Spielintelligenz und seinen Rushes den Stempel aufdrückt und weit über 100 Spiele für die Schweizer Nationalmannschaft absolviert.
Ein Malus bei der Gewinnung neuer Spielerinnen und Spieler ist jedoch oft die allzu einschränkende Clubbezeichnung UHC Kanti Bülach. Deshalb stimmen die Mitglieder am 28. August 2000 über einen neuen Namen ab, der dem fortschrittlichen Geist des Vereins Rechnung trägt: Ab sofort gehen die Teams unter dem Namen Bülach Floorball auf Tore- und Punktejagd. Im gleichen Jahr wird die Unihockey-Schule gegründet, die unter fachkundiger Leitung ganz junge Spielerinnen und Spieler in das ABC des Unihockeysports einführt.
Während die 1. Mannschaft sich in der NLB etabliert und meistens Mittelfeldränge belegt, steigen die Elite-Junioren bis in die höchste Stärkeklasse auf und gewinnen in der Saison 2004/05 die Bronzemedaille. Auch die Damen machen auf sich aufmerksam, scheitern aber zweimal in den Aufstiegsspielen zur Nationalliga B. Der sportliche Höhepunkt der Vereinsgeschichte findet dann in der Saison 2007/2008 statt: Die 1. Mannschaft qualifiziert sich für die entscheidenden Playoff-Spiele um einen Platz in der Nationalliga A. Der 2006 gegründete Fanclub Nordostwand sorgt vor und während der Partien für lautstarke Unterstützung. Bülach triumphiert beim ersten Heimspiel überraschend gegen den angeschlagenen Traditionsverein HC Rychenberg Winterthur vor rund 500 begeisterten Zuschauern und steht vor der Schwelle zur höchsten Liga. Allerdings gewinnt der Oberklassige die nächsten drei Spiele der Best-Of-Five-Serie und verwehrt so Bülach den Sprung ins Oberhaus.
In dieser Zeit zählt der Verein über 220 Mitglieder. Eine stolze Zahl, die aber auch immer mehr organisatorische Arbeit und grossen Zeitaufwand erfordert. Diesen zu leisten, sind indes immer weniger Personen bereit. Insbesondere die knappen Hallenverhältnisse und fehlenden Trainingszeiten zermürben etliche engagierte Vorstandsmitglieder und Helfer. So muss schliesslich nach der Saison 2010/2011 auch die Damenabteilung an die Zurich Lioness abgegeben werden, weshalb der Verein glatt um einen Drittel der Mitglieder schrumpft. Der Geist und die Begeisterung der Gründerphase, als die Spieler gleichzeitig noch Ämter im Vorstand übernommen haben, scheint vorbei zu sein. Die logische Folge ist, dass der Verein immer mehr nur verwaltet wird – man hangelt sich so von Saison zu Saison und hofft auf ein gutes Ende. Dass dies auch sportlich nicht gutgehen kann, wird spätestens in der Saison 2009/2010 klar, als die 1. Mannschaft nach 11 Jahren Zugehörigkeit zur zweithöchsten Liga den Abstieg in die 1. Liga hinnehmen muss.
Teil 3: Der siegreiche Kampf um eine zeitgemässe Infrastruktur
Die Stadt Bülach verfügt über keine sportfreundliche Infrastruktur. Über Jahrzehnte hinweg müssen die Bülacher Vereine mit wenig Trainingszeiten, harten, verletzungsfördernden Hallenböden und katastrophalen Garderobenverhältnissen Vorlieb nehmen. Genau diese Gegebenheiten stellen Bülach Floorball vor existenzbedrohende Fragen: weiterkämpfen oder aufgeben? Anfang der Jahrtausendwende nehmen sich Präsident Stéphane Geslin und Dominik Wild dieser Problematik an, suchen das Gespräch mit dem Stadtrat und nehmen in verantwortlichen Kommissionen Einsitz. Das Ziel: eine Dreifachturnhalle in Bülach, damit der Trainings- und Spielbetrieb der örtlichen Hallenvereine gewährleistet werden kann und diese in Sachen Infrastruktur endlich gleichlange Spiesse wie die sportliche Konkurrenz aufweisen.
Die grossartigen, in langer ehrenamtlicher Arbeit auf sich genommenen Bemühungen dauern über zehn Jahre! Dann, am 28. September 2014, kommt es in Bülach zur Volksabstimmung. Die Abstimmungskampagne der Befürworter ist durchdacht und intelligent aufgegleist. Im Vorfeld schliessen sich die Bülacher Sportvereine zudem zur IG Sport Bülach zusammen, um mit dem One-Voice-Prinzip ihre Interessen noch besser gegen aussen zu vertreten. Da sich jedoch eine lokale Partei vehement gegen dieses Bauprojekt sträubt, ist der Ausgang bis zuletzt offen. Was folgt, ist Freude und Erlösung pur: Denn über 65 Prozent der Stimmberechtigten sagen Ja zur Gross-Sporthalle Hirslen. Ein Riesenerfolg für Bülach Floorball! Der Eröffnungstermin dieser Halle ist auf Februar 2017 festgelegt. Gleichzeitig erreicht der unermüdliche Vereinspräsident Dominik Wild dank diverser Gespräche, dass die renovierungsbedürftige Turnhalle im Bülacher Schulhaus Hinterbirch auf die Masse einer Doppelturnhalle erweitert wird. Somit steht den Unihockeyanern und anderen Sportbegeisterten ab 2017 eine ideale Trainingshalle zur Verfügung – eine Infrastruktur notabene, auf die sie jahrelang gewartet haben.